Montag, 9. März 2015

Ein Hoch der Kreativität

Sehr geehrter Herr Tsipras,


Ach lassen wir doch diese Förmlichkeiten


Lieber Alexis,


keine Panik! Ja gut, auch ich gehöre zu den deutschen Steuerzahlern, aber ich bin weit davon entfernt Sie hier jetzt in diesem Brief anzugreifen.
Im Gegenteil.


Ich möchte Ihnen heute meine Bewunderung ausdrücken.
Doch, doch. Sie sind ein absolutes Vorbild an Kreativität. Eine Fähigkeit, die ich durchaus zu schätzen weiß.


Schauen wir uns doch einfach nur an, wie Sie und Ihr Team die griechischen Finanzen auf Reihe bringen wollen und mit welch fundierten Argumenten Sie der EU und gerade Deutschland zu überzeugen suchen, dass Ihnen die Gelder, die Sie einfordern, auch wirklich zustehen.
Ja selbstverständlich hat die EU Sie für die Verluste zu entschädigen, die durch die Russlandsanktionen entstanden sind. Und natürlich müssen Sie auch für die Asylbewerber entschädigt werden, die bei Ihnen monate-, in Einzelfällen auch Jahre auf die Entscheidung über ihren rechtlichen Status warten müssen.
Und auch auf die Rückzahlung eines durch die Nazis erzwungenen Kredites haben Sie genau so Anspruch wie auch auf entsprechende Reparationen. Oder haben Sie damals etwa zugestimmt, als die Siegermächte das vor 70 Jahren abgekaspert haben? Nö! Also!


Das die EU-Geizkrägen die Rechtmäßigkeit Ihrer Forderungen nicht sehen können oder besser wollen, ist doch nun wirklich nicht Ihre Schuld.
Aber ich finde es gut, dass Sie die Idioten auch klar benennen. Die Deutschen ohnehin. Kann man jetzt einfach mal so stehen lassen.
Aber zu erkennen, dass die spanische und portugiesische Regierung nur quer schießen um eigene Parteiinteressen zu wahren und dass Dijsselbloem die Pleite zu verantworten hat, wenn heute keine Gelder fließen - genial!
Jedem anderen hätte ich spätestens jetzt eine ausgewachsene Paranoia unterstellt. Aber nicht Ihnen.


Auch ist es ja nicht so, dass Sie selber nichts tun um die Situation zu verbessern. Wobei da zugegeben selbst ich von Ihrer Kreativität überfordert bin. Denn so ganz kann ich nicht nachvollziehen, wie der Verzicht auf Geldstrafen zu Einnahmesteigerungen führen soll. Und auch bei der Übernahme von Stromkosten, der Ausgabe von Essensmarken und dem Weihnachtsgeld für Rentner kann ich irgendwie rechnerisch keinen Pack-an kriegen. Aber gut.


Zumindest mit den Rentnren sind Sie aber absolutes Vorbild für Deutschland.
Ich meine, sehen Sie sich an, wie arm die Senioren hier dran sind: Da muss ein schwerstbehinderter 72-jähriger von Konferenz zu Konferenz hetzen, um seine Rente aufzubessern.
Aber halt. Ich wollte hier jetzt eigentlich nichts über Schäuble schreiben. Lassen wir das Thema.


Nun bin ich aber gespannt, wie es weiter geht.
Ich sehe hier jedenfalls den Beginn einer wunderbaren Brieffreundschaft und verbleibe daher


hochachtungsvoll und bewundernd


Ihre


Claudia


P.S.: Selbstverständlich werde ich auch weiterhin die griechische Wirtschaft nach Kräften unterstützen. Heute Abend gibt es extra im Gedanken an Sie Gyros und Ouzo.
Yamas!

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