Sonntag, 29. März 2015

Und nein - Der Koran beißt nicht!

Liebe selbst ernannte Retter des Abendlandes,


an diesem Wochenende habt ihr mich wirklich so weit bekommen: Ich bin mir nicht sicher, ob Deutschland mit diesen "netten" Mitbürgern wirklich noch das Land ist, in dem ich leben möchte.


Da bummele ich doch gestern bei Kaiserwetter noch ein wenig durchs Städtchen, nachdem ich meinen Vater am Bahnhof in den passenden Zug verklappt habe, und sehe in der örtlichen Fußgängerzone einen Stand, an dem Korane verteilt werden.


OK. Bremst euch. Ich kenne die Aktion aus den Medien und auch die Vorbehalte. Mir ist auch bekannt, wer hinter der Aktion steckt. Und ja, ich weiß auch, dass der Koran in der Übersetzung immer tendenziös ist und das in diesem Fall der Übersetzer der radikalen Szene zuzuordnen ist.
Geschenkt!


Ich denke nämlich auch, dass man sich bitte mal informieren möge, was man eigentlich kritisiert.
Grundsätzlich hasse ich es nämlich, mich mit Unbewaffneten intellektuell zu duellieren. Und genau so ungerne gehe ich unbewaffnet in eine solche Diskussion.
Obwohl ich mir anmaße zu behaupten, dass ich eigentlich ganz gut informiert bin: Den Koran habe ich noch nie gelesen. Also ändern wir das jetzt mal.
Da kann man ja auch durchaus reflektiert ran gehen.


Was mich aber wirklich schockiert hat, war ein Ehepaar, das just im gleichen Moment wie ich den Stand angesteuert hat. Bzw. sie steuerte, er hechelte mit Einkaufstüten bepackt notgedrungen hinterher.
Und schon ging es los: Alles Terroristen! Ihr habt hier in Deutschland nichts zu suchen! So ein Pack ernähren wir von unseren Steuergeldern! Und natürlich wieder mal keine Polizei in der Nähe, die diese Islamisten verhaftet und den Stand abbaut.
Rums!


Also keine Ahnung, ob ich in dem Moment in einem Paralleluniversum war. Aber ich habe an dem Stand weder Flugtickets nach Syrien noch Waffen gesehen. Die Jungs standen ganz ruhig da, haben Interessierten eine Ausgabe in die Finger gedrückt und nur dann mehr als "Bitte sehr" gesagt, wenn sie angesprochen wurden.


Und heute lese ich dann im Tagesspiegel, dass Pegida mal wieder los legt.
Und um nur mal den letzten Abschnitt des Artikels zu zitieren:
"Auf seiner Facebook-Seite macht Tierschützer Aßmann Werbung für Pegida-"Spaziergänge". Und postet Botschaften wie "Der Koran ist eine Kriegserklärung an dich, deine Familie, deine Freunde und deine gesamte Art zu leben!". Die AfD im sächsischen Landtag wiederum hat Pegida erst kürzlich als "unverzichtbar" für notwendige Veränderungen in Sachsen und Deutschland gelobt."


Sind wir hier in Deutschland wirklich schon wieder so weit, dass wir Angst vor Büchern haben müssen?
Was kommt als Nächstes? Muss ich demnächst den tschetschenischen Nachbarn oder den netten Syrer von gegenüber, der vor der IS geflohen ist, im Wandschrank verstecken?
Wird demnächst die Scheibe meines bevorzugten Gemüsedealers mit den Worten "kauft nicht bei Muslimen" beschmiert?
Muss ich mich mit diesen "Musterbürgern" auseinander setzen weil es immer mehr werden?
Und ist dieser Hass gegen etwas, das, wie ich mal unterstelle, die wenigsten der Schreihälse auch nur im Ansatz kennen, wirklich die Gesellschaft, in der ich leben will?


Nachdenkliche Grüße


Claudia


P.S.: Da hab ich doch neulich bei Facebook einen Spruch gelesen, der hier zu 100% passt:
"Diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, wiederholen sie. Und die wenigen, die sie kennen, stehen fassungslos daneben und können es nicht verhindern"

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